Eins vorneweg: Schaut unbedingt das
Video an, dass Anni zusammengeschnitten hat. Ich habe es schon
gefühlte 100 mal gesehen und muss jedesmal wieder lachen :-D
(Klicke unten rechts für Vollbild) ;-)
(Klicke unten rechts für Vollbild) ;-)
Vor nicht mal 2 Wochen hat Anni
gefragt, ob wir nicht beim Fichtelbergmarsch mitlaufen könnten.
Einen Tag später sollte das Erzgebirgsradrennen stattfinden –
deshalb hatte ich schon einige Bedenken – aber naja, das bisschen
Wandertag ;-) Da ich bei Challenges jeglicher Art auch ganz schlecht
nein sagen kann, hat sie mich doch recht schnell überredet. Zu
unserer Wandergruppe gehörten außerdem noch Liane, Ivo und Felix.
Im großen Starterfeld von 700 Leuten
wollten wir natürlich nicht vollkommen untergehen. Wir organisierten
deshalb noch stylische Kostüme – Zipfelmützen und lange, graue
Bärte.
Am Vorabend gab´s noch eine
ordentliche Kohlenhydratzufuhr in Form einer Pastaparty bei Anni.
Außerdem wurde noch unsere Taktik besprochen – wobei – Taktik? -
einfach laufen und fertig – kann ja nicht so schwer sein. Der Preis
für die größte Fresse geht schon mal an uns.
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Kostümanprobe zur Pastaparty |
Am Samstag klingelte mein Wecker um
3:50 Uhr. Zu dieser Urzeit aufzustehen stellte die erste größere
Challenge da. Zum Glück hatte ich mein Frühstück am Vorabend schon
komplett vorbereitet, so dass ich im Halbschlaf nur noch essen
musste.
4:30 Uhr traf sich dann die
Wandergruppe Zipfelmütze zum Checkin im Gewerbegebiet unterhalb des
Sportforums. Hier zogen wir schon die ersten Blicke auf uns und auch
die Aufmerksamkeit des Moderators – erstes kurzes Interview.
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Na? Wo sind die Zipfelmützen? |
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Noch nicht mal um 5 - dafür sehen wir einigermaßen fit aus |
Dann ging´s auch schon los. Raus aus
Chemnitz war das Feld natürlich noch sehr groß und dicht und alles
irgendwie hektisch.
Auf den ersten 4 Kilometern
beschäftigten uns vor allem Fragen wie „Hält das Pärchen vor uns
jetzt die ganzen 64 km Händchen?“, „Ist das vielleicht ne Wette
bei denen?“, „Oder eventuell eine spezielle
Händchen-halte-Challenge?“.
Die Geschwindigkeit pendelte sich
irgendwann in einem konstanten angenehmen Bereich ein. Bergab joggten
wir ganz locker – das war tatsächlich ganz angenehm. Hier gab es
schon die ersten „Wir sehen uns auf dem Fichtelberg“-Sprüche.
Sollen se doch reden...
Unsere Laune war sehr gut und immer
wieder freuten sich andere über unser Kostüm.
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Super Laune bei den Fichtelwichteln |
Wahrscheinlich sind
wir das meistfotografierte Motiv an diesem Tag.
Und da Auffallen einfach alles ist,
entschieden sich Felix und ich, zu jeder vollen Stunde 10 Liegestütze
zu machen.
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Pushup - und wenn man zur vollen Stunde mitten auf einer Kreuzung ist, dann eben da! |
Gegen 7 Uhr standen auch schon die
ersten Zuschauer am Streckenrand. Also ich könnte mir durchaus
besseres vorstellen um diese Zeit zum Samstag Morgen. Schlafen zum
Beispiel. Oder zumindest wandern.
Nach gut 13 km war auch schon der erste
Verpflegungspunkt erreicht. Wir stärkten uns mit jeder Menge Wasser
und Mineraldrink. Über das Essensbuffet waren wir positiv überrascht
– frisches, geschnittenes Obst, geschmierte Schnitten, geschälte
Eier (dann doch lieber 64 km wandern als für 700 Leute Eier
schälen), Brezeln, Weißwürste...
Und dazu noch Liane´s leckere
selbstgemachte Kekse.
Warum auch immer entschied ich mich für
eine Bockwurst mit Senf...gegen 7:45 Uhr...mal eine andere Art
Frühstück.
So, weiter – wir liefen fast komplett
auf befestigten Wald- und Feldwegen. Mittlerweile regnete es auch
noch – na toll – hoffentlich geht das nicht den ganzen Tag so
weiter!
Nach etwa 19 Kilometern waren die
Zwergenmädels einige Meter hinter uns, da Liane noch mit Magen-Darm
zu kämpfen hatte (an dieser Stelle nochmal einen riesen Respekt fürs
Durchhalten!).
Irgendwann kam dann ein Radler der
Bergwacht zu uns und sagte, dass die anderen zwei Zwerge gebeten
haben, dass wir warten sollten – das auffällige Kostüm hatte also
auch klare Vorteile. Anni und Liane hatten nichts mehr zu trinken und
zu essen, da ich da gerade den Rucksack der beiden trug.
Wir entschieden uns ganz langsam
weiterzulaufen. Das Liegestütz-Pensum erhöhten wir währenddessen
auf 15 pro volle Stunde.
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@Anni und Liane: Dieses Bild ist entstanden, als wir warten sollten. Kein Wunder, dass ihr nicht näher kamt wenn ihr zwischendurch für Fotos post :-P |
Da die Zwerginnen immer noch nicht
aufgeschlossen hatten, blieben wir dann doch mal stehen. Jeder
einzelne der überholenden Wanderer sagte uns dann, wann die anderen
Zwerge kommen. Teilweise mir recht präzisen Zeitangaben (4 min
Abstand sollten sie haben).
Wieder komplett und kurz etwas gestärkt
wanderten wir zusammen weiter. Es hörte auf zu regnen und allmählich
kam dann auch die Sonne durch. Felix hatte schon seit Kilometer 20
mit ersten Blasen zu kämpfen – oje, noch nicht mal ein drittel
rum...
Nach 27 km erreichten wir die zweite
Verpflegungsstation bei der Jugendherberge Hormersdorf. Hier füllten
wir hauptsächlich Getränke nach und stärkten uns mit Liane´s
Keksen.
Felix lies sich währenddessen von der Bergwacht behandeln.
Da gerade volle Stunde war haben wir natürlich erst die
obligatorischen Liegestütze gemacht, bevor wir weitermarschierten.
Wir hatten mittlerweile perfektes
Wetter. Irgendwann gabelten wir dann auch Patrick auf – ein
angenehmer Zeitgenosse, der schon mal beim Fichtelbergmarsch
mitgelaufen ist und alleine unterwegs war.
Ansonsten verlief dieser Abschnitt
relativ unspektakulär. Kennt ihr das wenn man keine Musik hört und
dann ständig ein und denselben Ohrwurm hat? „Das Wandern ist des
Müllers Lust, das Wahandern“.
Irgendwo muss Anni ihre Motivation
verloren haben – die Laune am 3. Verpflegungspunkt war nicht die
beste.
So ungefähr zur Mittagszeit gab es
diesmal außerdem auch Erbsensuppe und Kartoffelsuppe mit Würstchen.
Ich hätte erwartet, dass die die Vepflegungspunkte von einem Punkt
zum nächsten karren – doch es gab tatsächlich unterschiedliche
Sachen, sehr lecker und es war nie etwas leer – großes Lob an die
Organisatoren!
Anni´s Frage an einen Helfer der
Bergwacht, wieviele Kilometer wir denn schon hinter uns haben brachte
erst mal pure Demotivation. Die Antwort war 31! Was? Noch nicht mal
die Hälfte? Laut Plan im Internet müssten eigentlich 37 rum sein.
Ein älterer Wanderer bestätigte uns
mit purer Selbstsicherheit, dass wir doch schon über 37 km geschafft
haben – wie die Alten eben so sind ;-)
Der Bergwachttyp musste etwas unter
Anni´s Laune leiden – wie sich im Nachhinein herausstellte zurecht
:-P
Rast 3 war tatsächlich bei Kilometer
37,5!
Gar nicht so viel später, vielleicht
bei km 40, brach urplötzlich und ohne Vorankündigung an meinem
linken kleinen Zeh ein böser Schmerz aus – verdammt!
Nach ein paar Metern im Humpelschritt
widmete sich Anni dann dem Wehwehchen. Auf die dicke Blase kam ein
Pflaster. Da das aber erfahrungsgemäß nicht hält wurde noch
Panzertape drum gewickelt – für die optimale Fixierung so, dass
der kleine Zeh und der daneben (wie heißt der eigentlich? Ringzeh?)
zusammen getaped waren. Auf die Blase an der Fußsohle kam auch noch
ein Pflaster mit der selben Tape-Fixierungsmethode.
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klassischer Panzertape-Verband |
Etwa einen Kilometer tat diese
Konstruktion erstmal noch mehr weh, doch dann stellte sich
tatsächlich einigermaßen Besserung ein.
Kilometer 45 – same problem on the
other side – genauso plötzlich – genauso schmerzhaft. Anni
kümmerte sich wieder professionell mithilfe von Pflaster und
Panzertape darum.
Wirkliche Besserung stellte sich
diesmal aber nicht ein. Jeder Schritt tat weh und um nicht auf den
kleinen Zeh zu kommen drehte ich den rechten Fuß bewusst stark nach
außen und pronierte. Das ganze beanspruchte allerdings wieder neue
Muskeln, so dass die Schienbeine ebenso weh taten und die rechte
Beinrückseite in Kniekehlengegend kurz vorm krampfen war.
Irgendwie waren wir dann trotzdem erstmal alle ganz gut drauf.
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Wo sind die Zwerge? |
Etwas später hatte ich dann aber mein absolutes Tief. Ich hatte die Schnauze voll und redete etwa eine Stunde kein Wort...
Aufgeben war allerdings keine wirklich
ernsthafte Option. Zur Not wird eben gehumpelt und gekrochen. Schluss
ist erst, wenn gar nix mehr geht.
Ich stellte auch immer mehr fest, dass
bergauf laufen deutlich angenehmer ist als bergab, da runterzu der
Schmerz in Schienbeinen und Kniekehle viel größer war.
In der Nähe vom Markersbacher
Unterbecken kam dann endlich bei km 50 der vierte und letzte
Verpflegungspunkt. Hier steuerte ich erstmal die Bergwacht an. Socken
ausgezogen und erste Reaktion vom Helfer „Was ist das denn und wer
hat das gemacht?“. Er war nicht so begeistert von der Tapelösung.
Wahrscheinlich war der auch nur neidisch, selbst nicht darauf
gekommen zu sein. Nun gut, also Tape ab, neues Pflaster drauf und die
Füße gepudert um ein Reiben zu vermeiden.
Anni ließ nun auch erste Blasen
behandeln. Die einzige aus unserer Zwergenbande, die keine Blasen
hatte war Liane. Dafür hatte sie aber ja Magen-Darm – auch nicht
besser...
An diesem Verpflegungsstand gab es
diesmal auch ein leckeres und großes Kuchenbuffet, Saftschorle und
Cola...und schlaue Ratschläge von anderen („Nicht hinsetzen –
ihr kommt nie wieder hoch“,...)
Die Wampe wurde noch mal richtig
vollgehauen und mit dem Ziel in Sicht in die letzten 14 km gestartet.
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Kampfblick und Kampffaust - bereit für die letzten 14 km. |
Hey, meine Motivation war wieder da,
die Laune wieder super, der Blasenschmerz weniger stark.
Es ging fortan bergauf. Wandertruppe
Zipfelmütze begann zu singen „...das Wahandern...“. Sogar den
Kanon Bruder Jakob trällerten wir perfekt. Mit der Zeit wurde es
wieder ein bisschen ruhiger. Trotzdem waren alle sehr, sehr
zuversichtlich und es gab keine Zweifel mehr, ob wir den Marsch
schaffen würden.
In meinem Kopf hatte sich ein neuer
Ohrwurm festgesetzt - „Da steht ein Pferd auf´m Flur...“.
Dummerweise folgte noch mal ein
längerer Abschnitt bergab – aua! Lieber bergauf!
Zum Glück ging es dann auch wieder
nach oben (dass ich das noch mal sagen würde...).
Anni startete wieder Versuche uns zum
Singen zu motivieren. Für ihre Liedauswahl waren wir aber leider
etwas zu jung. Sonst hätten wir mitgesungen. Wirklich!
Selbstverständlich erledigten wir
immernoch zu jeder vollen Stunde unsere 15 Pushups.
Bergauf überholten wir noch ne ganze
Menge schlauer Ratgeber – ätsch :-P
Drei Kilometer vor dem Ziel wurden die
Steigungsprozente nochmal deutlich gesteigert.
Nach einem kurzen
flacheren Stück folgte dann der Zielanstieg hinauf zum Gipfel.
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Fast geschafft! |
Die Zwerge haben es geschafft! Hey
Zwerge hey Zwerge hey Zwerge ho! Hey Zwerge hey Zwerge go go go!!!
Von einigen Zuschauern und dem
Moderator empfangen erreichten wir den Fichtelberg nach fast 13h
Marsch um 17:50 Uhr. Zu viert wurden die finalen Liegestütze
absolviert – diesmal 30 (insgesamt haben Felix und ich also so um
die 200 Pushups an dem Tag gemacht).
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Letzte Siegerpose |
Glücklich und doch erleichtert holten
wie nur fix die Zielunterlagen ab. Da es ziemlich kalt oben war
starteten wir fix Richtung Chemnitz – Thommy hat uns abgeholt –
danke dafür!
Im Auto sitzen tat unfassbar gut. Wir
resümierten noch, dass wir den Marsch wohl alle etwas (naja, ganz schön sogar) unterschätzt
hatten. Konditionell ist das kein Problem, allerdings ziehen die
Blasen nen ganz schönen Strich durch die Rechnung und beim Wandern
werden doch noch andere Muskeln beansprucht als beim Laufen oder
Radeln. Alles in allem hat´s aber auch super Spaß gemacht – was
vor allem unserer Wandergruppe zu verdanken ist :-)
Die Organisation des Marsches könnte
auch nicht besser sein, da gibt es absolut nichts auszusetzen.
In Chemnitz angekommen hat Thomas dann
Felix und mich an unseren Autos rausgelassen. Die wenigen Schritte
konnten wir nur humpeln. Beim Fahren habe ich auch jede unnötige
Bewegung vom Gas- zum Bremspedal und umgekehrt vermieden.
Geparkt habe ich dann direkt vor der
Tür und mich noch irgendwie in die WG geschleppt – mit Laufen
hatte das nichts mehr zu tun. Ich musste mich überall festhalten und
entlang schleppen.
Der Hunger war riesig – die
Familienpizza habe ich trotzdem nur zu ¾ geschafft. Dafür noch zwei
große Schüsseln frische Erdbeeren mit Milch :-)
Meine Füße waren gefühlte 3
Schuhgrößen gewachsen oder besser geschwollen.
In diesem Zustand konnte ich auf keinen
Fall beim Erzgebirgsradrennen starten, was für den nächsten Tag
geplant war. Ich wollte mich Sonntag früh spontan entscheiden ob und
wie ich mich bewegen kann.
Am nächsten Tag konnte ich mich zwar
wieder einigermaßen fortbewegen, allerdings eher wie ein
100-jähriger. Also musste das Radrennen für mich ausfallen. Ich
wäre wahrscheinlich sowieso nicht in meine Fahrradschuhe gekommen
;-)
Diese super Erfahrung war´s das aber
wert. Ich schaue mir jetzt das Video noch das ein oder andere mal an
und nun warten die nächsten Challenges!