Letzte Woche war ich von Pech und vor
allem Kraftlosigkeit verfolgt.
Eine Woche wieder einigermaßen
trainiert, die Maschine mit perfekt justiertem Schaltwerk und frisch
zentrierten Laufrädern wieder topfit und die gute Streckenkenntnis –
es konnte zur Vier-Hübel-Tour nur besser werden.
Der Wecker klingelte für einen Sonntag
mal wieder verdammt früh. Ich habe gut gefrühstückt und alle
Sachen im Auto verstaut. Meinen Eltern habe ich die Trinkflaschen zum
verbotteln auf dem Scheibenberg und die dicke Winterjacke für die
Zielankunft gegeben. Da die Strecke größtenteils aus Waldautobahnen
besteht und kaum bis keine gröberen Wurzeltrails gefahren werden
müssen, habe ich den Reifendruck noch auf knapp 2,5 bar erhöht.
Wider Erwarten musste ich bis
Oberwiesenthal keine einzige Umleitung fahren (!). So war ich schon
kurz nach 8 Uhr am neuen Startpunkt P1. Direkt die Startunterlagen
geholt und wieder zurück ins Auto – draußen kamen nochmal richtig
schöne Regengüsse runter. Als es dann zumindest von oben wieder
trocken war, hab ich mich mal an die weiteren Vorbereitungen gemacht.
Fix einige Gels, den Autoschlüssel und vor allem die Essensmarke
fürs Ziel in den Trikottaschen verstaut ging es erstmal zum
Warmfahren. Danach war ich schon ziemlich nass. Besonders an den
Füßen wurde es trotz Überschuhen eklig kalt.
Ich hatte mir einen guten Startplatz in
den ersten Reihen gesichert. Mittlerweile kam sogar die Sonne raus! Bis um 10 wurde es immer voller und
enger. So eng, dass kurz vor Start der Versuch gescheitert ist, schon
mal den rechten Schuh einzuklicken. Ich hatte einfach keinen Platz,
das Bein auf das Pedal zu heben.
Mit dem Start selbst hat sich das Feld
aber ziemlich gut entwirrt. Auf gings Richtung Vierenstraße und dann
rein in den Wald auf die Schotterpisten. Die Führungsgruppe musste
ich recht schnell reißen lassen, da mein Motor wie immer zu lange
braucht um auf Betriebstemperatur zu kommen. Aber auch dahinter waren
wir noch in einer relativ großen Gruppe zusammen. Trotzdem sind für
mich die ersten Kilometer immer eine Qual. Das letzte Stück zum
Bärenstein hoch wurde wie immer auf Asphalt gekurbelt. Oben
angekommen gab es den ersten Strich auf der Startnummer. Das ging
übrigens deutlich schneller als die Aufkleber in den letzten Jahren.
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Na, wer entdeckt mich? ;-) Foto: Bernd März; http://www.freiepresse.de/SPORT/540-Fahrer-trotzen-Regen-und-Schnee-artikel8951465.php#, 26.08.2014 |
Natürlich wurde keine Pause gemacht,
man hat ja zeitliche Ziele ;-) Also direkt wieder runter vom
Bärenstein und ab durch den Wald. Die Abfahrt zum Klappermühlenweg
hatte ich vom letzten Jahr als einen der wenigen richtigen Trails in
Erinnerung. Das Stück wurde aber komplett entschärft, sodass man
hier problemlos Vollgas rollen lassen konnte. Mittlerweile war ich
ganz schön alleine unterwegs. Wenigstens merkte ich endlich, dass
mein Motor nun warmgelaufen und richtig betriebsbereit ist.
So ging es weiter auf der Richterstraße
über die B95 in Richtung Königswalde. Hier konnte ich gerade noch
einer stark suizidgefährdeten Katze ausweichen, die knapp vor mir
die Straßenseite wechselte. Hoffen wir, dass sie es bei den
folgenden ca. 550 Radlern nicht nochmal probiert hat!
Dann gings endlich mal wieder bergauf.
Den Marktsteig, also die Plattenstraße hoch waren wir in einem
5er-Grüppchen zusammen. Auf dem Flachstück nach dem Gewerbegebiet
konnte ich mich von der Gruppe absetzen und kurbelte allein die
Straßenauffahrt zum Pöhlberg hoch. Der Strich landete diesmal nicht
im dafür vorgesehenen Kästchen sondern kaum sichtbar auf der 9 in
meiner Startnummer. Nicht, dass das am Ende noch Diskussionen gibt,
also hab ich das beim nächsten Ordner gleich nochmal korrigieren
lassen. Mit knapp 70 km/h hab ich in der Abfahrt noch ein Auto
überholt und diesmal, nicht wie beim Stoneman, rechtzeitig vorm
Linksabbiegen gebremst um nicht in den Zuschauern zu landen.
Es folgte eine kleine Streckenänderung.
Wir mussten nicht wieder durch das kleine Gewerbegebiet und danach
die nervige Schlaglochpiste Alte Karlsbader Straße entlang sondern
wurden direkt geradeaus durchgewinkt. Allerdings kamen mir dann
erstmal Zweifel, ob sich nicht ein Zuschauer hier nur einen Scherz
erlaubt hat. Ich bin weit und breit allein unterwegs. Wo sind die
anderen 600 bloß hin?
Doch als ich endlich wieder ein
VHT-Schild sah, war ich beruhigt, doch nicht falsch gefahren zu sein.
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Foto: Mrs. Blechi Pixx |
Noch einmal wurde die B95 gequert und
wir fuhren durch Cunersdorf, Sehma und Walthersdorf. Auf der Strecke
ging es wie immer einen Mix aus Wald- und Wiesenwegen, Plattenstraßen
und Asphalt auf und ab. Übrigens merkte ich immer wieder, dass die
2,5 bar auf den Reifen wohl doch zu viel sind und das Fahrgefühl so
auf unebenem Untergrund relativ „stößig“ wird.
Zwischen Pöhlberg und Scheibenberg
hätten wir mit unseren Durchschnittsgeschwindigkeiten zu viert eine
ganz gute Gruppe bilden können. Das Problem war nur, dass wir uns
immer wieder gegenseitig überholt haben. Ich habe meine Stärken
bergauf, die anderen bergab.
Die eigentliche Auffahrt zum
Scheibenberg führte dann wieder die Straße hoch. Unterwegs hat mich
mein Vater verbottelt, sodass ich für den Rest der Strecke wieder
zwei volle Trinkflaschen hatte. Auf dem Gipfel folgte Strich Nummer
drei und kehrt marsch wieder bergab.
Durch die Nässe war der Asphalt
ganz schön glatt. In einer Kurve hatte ich dann einen Verbremser,
mich aber schnell wieder gefangen und auch beim Linksabbiegen von der
Straße in den Wald wollte mich das Hinterrad noch mal überholen.
Glücklicherweise konnte ich mich gerade noch knapp auf dem Bock
halten – puh!
Es folgten wieder einige Abwärtsmeter
und das Flachstück am Markersbacher Unterbecken. Nach einem kurzen
Stück auf der Oberbeckenstraße ging es links in den Wald rein und
die Auffahrt Roßbachweg hoch. Verdammt steil ist das! Wenigstens ist
hier nicht so loser Schotter wie im letzten Jahr. Trotzdem frage ich
mich, was das arme Oberbecken nur getan hat, dass es in keinem Rennen
und keiner Tour als Berg gezählt wird. An der Höhe kann das nicht
liegen. Vielleicht am Name? Dann bin ich für eine Umbenennung in
„Oberbeckenberg“.
Meine Taktik ist hier immer Kopf nach
unten, Blick knapp vor das Vorderrad, um nicht zu sehen wie steil und
lang das noch ist und dann vor allem kurbeln, kurbeln, kurbeln! Wir
waren mittlerweile zu dritt. Ich behalte immer im Hinterkopf, dass
ich den zwei anderen bloß nicht davon fahre oder sie davon fahren
lassen darf. Ich will bei der Umrundung des Oberbeckens nicht alleine
im Wind kämpfen!
Doch es sollte wiedermal anders laufen.
Die zwei stoppten an der Verpflegungsstelle, ich aber wollte keine
Zeit verlieren und bin direkt durchgefahren – alleine im Wind.
Irgendwann konnte ich sie wieder mit einigem Abstand hinter mir
sehen. Kurze Taktiküberlegung – fahre ich kräfteschonend und
lasse sie rankommen um dann zu dritt zu kreiseln oder drücke ich und
halte den Abstand? Ich drückte und schaffte es den Abstand zu halten
;-)
Die lange Abfahrt sauste ich dann mit
gut 60 Sachen in Ideallinie über den Schotter. In einer Kurve kam
der Rand des Weges wieder bedrohlich nahe, doch auch hier ging wieder
mal alles gut.
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Foto: Mrs. Blechi Pixx |
Unten am Ephraimhaus habe ich den
letzten Strich auf der Startnummer eingesammelt und nochmal tief
durchgeatmet, denn nun sollte der finale Anstieg zum Fichtelberg
beginnen. Der Friedrichsbachweg ist auch ein richtig ekliger Anstieg.
Verdammt zäh und der zieht sich!
Hier habe ich mich zusammen mit Mathias
Nagel von biker-boarder hoch gekämpft, der dann wegen Krämpfen aber
am Hundsmarterflügel reißen lassen musste. Ich hatte solche
Probleme diesmal zum Glück nicht. Dafür wurde es von oben immer
nasser und zwischendurch kam auch noch Hagel dazu.
Auf dem welligen Asphaltstück merkte
ich dann, dass ich mich eigentlich noch ganz gut fühle und man will
ja nicht mit Kraftreserven ins Ziel kommen! Also ein paar Gänge hoch
geschaltet und im Wiegetritt für einige Kilometer eine Art
Einzelzeitfahren eingebaut. Dadurch habe ich noch zwei, drei Plätze
gutgemacht.
Währenddessen schossen mir bei dem
Wetter immer wieder Gedanken durch den Kopf wie „Brauche ich gleich
Schneeketten?“ oder „Kann ich im Ziel einen Schneemann bauen?“.
Auf der Rollerbahn, 2,5km vor dem Ziel
sagte mir ein Freizeitradler ohne Startnummer, den ich gerade
überholte: „Den da vorne kriegste noch. Der ist total fertig!“.
Ich dachte mir „Na gut, wenn der das
sagt...“. Um die nächste Spitzkehre herum war es dann auch so weit
und ich hatte ihn.
Nun musste ich nur noch die
Wellenschaukel hoch zum Gipfel. Die Schotterpiste schlaucht immer
noch mal richtig. Aber wenigstens war der Nebel wieder so dicht, dass
man nicht sehen konnte wie weit man noch muss. Also im wahrsten Sinne
des Wortes Augen zu und durch!
Es standen immer mehr Zuschauer am Rand
und die Anfeuerungsrufe wurden immer lauter und zack – da war das
Ziel erreicht.
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Foto: Mrs. Blechi Pixx |
Im Regen steckten auch einige
Schneeflocken und die Dame, die mir den Tee reichte, sagte etwas von
4°C. Wir haben August! Brrr...
Dem Moderator und meinem Vater, der
mitgezählt hat, zufolge bin ich 31. von den knapp 600 Startern. Der
Fahrradcomputer zeigte nach 87,5km und 2300hm eine Zeit von 3:59h,
womit ich mein Ziel, unter vier Stunden zu bleiben knapp erreicht
habe. Mal sehen, was die offizielle Zeit sagen wird. Über die
AK-Platzierung habe ich keine Ahnung, da es dieses Jahr keine
richtige Ergebnisliste mehr gibt.
Meine Eltern brachten mir direkt meine
dicke Winterjacke und -mütze und noch mehr heißen Tee.
Dann noch die Essensmarke, die gut
wettergeschützt in einem Erste-Hilfe-Handschuh in der Trikottasche
gesteckt hat, gegen eine Portion Nudeln mit Tomatensoße
eingetauscht, im warmen Fichtelberghaus gegessen, umgezogen und auch
gleich auf nach hause. Wie ich mich auf die heiße Badewanne gefreut
habe... :-)