Montag, 1. Juni 2015

30.05.2015 - Fichtelbergmarsch

Eins vorneweg: Schaut unbedingt das Video an, dass Anni zusammengeschnitten hat. Ich habe es schon gefühlte 100 mal gesehen und muss jedesmal wieder lachen :-D
(Klicke unten rechts für Vollbild) ;-)


Vor nicht mal 2 Wochen hat Anni gefragt, ob wir nicht beim Fichtelbergmarsch mitlaufen könnten. Einen Tag später sollte das Erzgebirgsradrennen stattfinden – deshalb hatte ich schon einige Bedenken – aber naja, das bisschen Wandertag ;-) Da ich bei Challenges jeglicher Art auch ganz schlecht nein sagen kann, hat sie mich doch recht schnell überredet. Zu unserer Wandergruppe gehörten außerdem noch Liane, Ivo und Felix.
Im großen Starterfeld von 700 Leuten wollten wir natürlich nicht vollkommen untergehen. Wir organisierten deshalb noch stylische Kostüme – Zipfelmützen und lange, graue Bärte.
Am Vorabend gab´s noch eine ordentliche Kohlenhydratzufuhr in Form einer Pastaparty bei Anni. Außerdem wurde noch unsere Taktik besprochen – wobei – Taktik? - einfach laufen und fertig – kann ja nicht so schwer sein. Der Preis für die größte Fresse geht schon mal an uns.

Kostümanprobe zur Pastaparty

Am Samstag klingelte mein Wecker um 3:50 Uhr. Zu dieser Urzeit aufzustehen stellte die erste größere Challenge da. Zum Glück hatte ich mein Frühstück am Vorabend schon komplett vorbereitet, so dass ich im Halbschlaf nur noch essen musste.

4:30 Uhr traf sich dann die Wandergruppe Zipfelmütze zum Checkin im Gewerbegebiet unterhalb des Sportforums. Hier zogen wir schon die ersten Blicke auf uns und auch die Aufmerksamkeit des Moderators – erstes kurzes Interview.

Na? Wo sind die Zipfelmützen?

Noch nicht mal um 5 - dafür sehen wir einigermaßen fit aus

Dann ging´s auch schon los. Raus aus Chemnitz war das Feld natürlich noch sehr groß und dicht und alles irgendwie hektisch.
Auf den ersten 4 Kilometern beschäftigten uns vor allem Fragen wie „Hält das Pärchen vor uns jetzt die ganzen 64 km Händchen?“, „Ist das vielleicht ne Wette bei denen?“, „Oder eventuell eine spezielle Händchen-halte-Challenge?“.
Die Geschwindigkeit pendelte sich irgendwann in einem konstanten angenehmen Bereich ein. Bergab joggten wir ganz locker – das war tatsächlich ganz angenehm. Hier gab es schon die ersten „Wir sehen uns auf dem Fichtelberg“-Sprüche. Sollen se doch reden...
Unsere Laune war sehr gut und immer wieder freuten sich andere über unser Kostüm.

Super Laune bei den Fichtelwichteln


Wahrscheinlich sind wir das meistfotografierte Motiv an diesem Tag.
Und da Auffallen einfach alles ist, entschieden sich Felix und ich, zu jeder vollen Stunde 10 Liegestütze zu machen.

Pushup - und wenn man zur vollen Stunde mitten auf einer Kreuzung ist, dann eben da!

Gegen 7 Uhr standen auch schon die ersten Zuschauer am Streckenrand. Also ich könnte mir durchaus besseres vorstellen um diese Zeit zum Samstag Morgen. Schlafen zum Beispiel. Oder zumindest wandern.
Nach gut 13 km war auch schon der erste Verpflegungspunkt erreicht. Wir stärkten uns mit jeder Menge Wasser und Mineraldrink. Über das Essensbuffet waren wir positiv überrascht – frisches, geschnittenes Obst, geschmierte Schnitten, geschälte Eier (dann doch lieber 64 km wandern als für 700 Leute Eier schälen), Brezeln, Weißwürste...
Und dazu noch Liane´s leckere selbstgemachte Kekse.
Warum auch immer entschied ich mich für eine Bockwurst mit Senf...gegen 7:45 Uhr...mal eine andere Art Frühstück.

So, weiter – wir liefen fast komplett auf befestigten Wald- und Feldwegen. Mittlerweile regnete es auch noch – na toll – hoffentlich geht das nicht den ganzen Tag so weiter!
Nach etwa 19 Kilometern waren die Zwergenmädels einige Meter hinter uns, da Liane noch mit Magen-Darm zu kämpfen hatte (an dieser Stelle nochmal einen riesen Respekt fürs Durchhalten!).
Irgendwann kam dann ein Radler der Bergwacht zu uns und sagte, dass die anderen zwei Zwerge gebeten haben, dass wir warten sollten – das auffällige Kostüm hatte also auch klare Vorteile. Anni und Liane hatten nichts mehr zu trinken und zu essen, da ich da gerade den Rucksack der beiden trug.
Wir entschieden uns ganz langsam weiterzulaufen. Das Liegestütz-Pensum erhöhten wir währenddessen auf 15 pro volle Stunde.

@Anni und Liane: Dieses Bild ist entstanden, als wir warten sollten. Kein Wunder, dass ihr nicht näher kamt wenn ihr zwischendurch für Fotos post :-P

Da die Zwerginnen immer noch nicht aufgeschlossen hatten, blieben wir dann doch mal stehen. Jeder einzelne der überholenden Wanderer sagte uns dann, wann die anderen Zwerge kommen. Teilweise mir recht präzisen Zeitangaben (4 min Abstand sollten sie haben).
Wieder komplett und kurz etwas gestärkt wanderten wir zusammen weiter. Es hörte auf zu regnen und allmählich kam dann auch die Sonne durch. Felix hatte schon seit Kilometer 20 mit ersten Blasen zu kämpfen – oje, noch nicht mal ein drittel rum...
Nach 27 km erreichten wir die zweite Verpflegungsstation bei der Jugendherberge Hormersdorf. Hier füllten wir hauptsächlich Getränke nach und stärkten uns mit Liane´s Keksen. 


Felix lies sich währenddessen von der Bergwacht behandeln. Da gerade volle Stunde war haben wir natürlich erst die obligatorischen Liegestütze gemacht, bevor wir weitermarschierten.
Wir hatten mittlerweile perfektes Wetter. Irgendwann gabelten wir dann auch Patrick auf – ein angenehmer Zeitgenosse, der schon mal beim Fichtelbergmarsch mitgelaufen ist und alleine unterwegs war.
Ansonsten verlief dieser Abschnitt relativ unspektakulär. Kennt ihr das wenn man keine Musik hört und dann ständig ein und denselben Ohrwurm hat? „Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wahandern“.
Irgendwo muss Anni ihre Motivation verloren haben – die Laune am 3. Verpflegungspunkt war nicht die beste.
So ungefähr zur Mittagszeit gab es diesmal außerdem auch Erbsensuppe und Kartoffelsuppe mit Würstchen. Ich hätte erwartet, dass die die Vepflegungspunkte von einem Punkt zum nächsten karren – doch es gab tatsächlich unterschiedliche Sachen, sehr lecker und es war nie etwas leer – großes Lob an die Organisatoren!
Anni´s Frage an einen Helfer der Bergwacht, wieviele Kilometer wir denn schon hinter uns haben brachte erst mal pure Demotivation. Die Antwort war 31! Was? Noch nicht mal die Hälfte? Laut Plan im Internet müssten eigentlich 37 rum sein.
Ein älterer Wanderer bestätigte uns mit purer Selbstsicherheit, dass wir doch schon über 37 km geschafft haben – wie die Alten eben so sind ;-)
Der Bergwachttyp musste etwas unter Anni´s Laune leiden – wie sich im Nachhinein herausstellte zurecht :-P
Rast 3 war tatsächlich bei Kilometer 37,5!
Gar nicht so viel später, vielleicht bei km 40, brach urplötzlich und ohne Vorankündigung an meinem linken kleinen Zeh ein böser Schmerz aus – verdammt!
Nach ein paar Metern im Humpelschritt widmete sich Anni dann dem Wehwehchen. Auf die dicke Blase kam ein Pflaster. Da das aber erfahrungsgemäß nicht hält wurde noch Panzertape drum gewickelt – für die optimale Fixierung so, dass der kleine Zeh und der daneben (wie heißt der eigentlich? Ringzeh?) zusammen getaped waren. Auf die Blase an der Fußsohle kam auch noch ein Pflaster mit der selben Tape-Fixierungsmethode.

klassischer Panzertape-Verband

Etwa einen Kilometer tat diese Konstruktion erstmal noch mehr weh, doch dann stellte sich tatsächlich einigermaßen Besserung ein.
Kilometer 45 – same problem on the other side – genauso plötzlich – genauso schmerzhaft. Anni kümmerte sich wieder professionell mithilfe von Pflaster und Panzertape darum.
Wirkliche Besserung stellte sich diesmal aber nicht ein. Jeder Schritt tat weh und um nicht auf den kleinen Zeh zu kommen drehte ich den rechten Fuß bewusst stark nach außen und pronierte. Das ganze beanspruchte allerdings wieder neue Muskeln, so dass die Schienbeine ebenso weh taten und die rechte Beinrückseite in Kniekehlengegend kurz vorm krampfen war.
Irgendwie waren wir dann trotzdem erstmal alle ganz gut drauf.




Wo sind die Zwerge?

Etwas später hatte ich dann aber mein absolutes Tief. Ich hatte die Schnauze voll und redete etwa eine Stunde kein Wort...
Aufgeben war allerdings keine wirklich ernsthafte Option. Zur Not wird eben gehumpelt und gekrochen. Schluss ist erst, wenn gar nix mehr geht.
Ich stellte auch immer mehr fest, dass bergauf laufen deutlich angenehmer ist als bergab, da runterzu der Schmerz in Schienbeinen und Kniekehle viel größer war.
In der Nähe vom Markersbacher Unterbecken kam dann endlich bei km 50 der vierte und letzte Verpflegungspunkt. Hier steuerte ich erstmal die Bergwacht an. Socken ausgezogen und erste Reaktion vom Helfer „Was ist das denn und wer hat das gemacht?“. Er war nicht so begeistert von der Tapelösung. Wahrscheinlich war der auch nur neidisch, selbst nicht darauf gekommen zu sein. Nun gut, also Tape ab, neues Pflaster drauf und die Füße gepudert um ein Reiben zu vermeiden.
Anni ließ nun auch erste Blasen behandeln. Die einzige aus unserer Zwergenbande, die keine Blasen hatte war Liane. Dafür hatte sie aber ja Magen-Darm – auch nicht besser...
An diesem Verpflegungsstand gab es diesmal auch ein leckeres und großes Kuchenbuffet, Saftschorle und Cola...und schlaue Ratschläge von anderen („Nicht hinsetzen – ihr kommt nie wieder hoch“,...)

Die Wampe wurde noch mal richtig vollgehauen und mit dem Ziel in Sicht in die letzten 14 km gestartet.

Kampfblick und Kampffaust - bereit für die letzten 14 km.

Hey, meine Motivation war wieder da, die Laune wieder super, der Blasenschmerz weniger stark.
Es ging fortan bergauf. Wandertruppe Zipfelmütze begann zu singen „...das Wahandern...“. Sogar den Kanon Bruder Jakob trällerten wir perfekt. Mit der Zeit wurde es wieder ein bisschen ruhiger. Trotzdem waren alle sehr, sehr zuversichtlich und es gab keine Zweifel mehr, ob wir den Marsch schaffen würden.


In meinem Kopf hatte sich ein neuer Ohrwurm festgesetzt - „Da steht ein Pferd auf´m Flur...“.
Dummerweise folgte noch mal ein längerer Abschnitt bergab – aua! Lieber bergauf!
Zum Glück ging es dann auch wieder nach oben (dass ich das noch mal sagen würde...).
Anni startete wieder Versuche uns zum Singen zu motivieren. Für ihre Liedauswahl waren wir aber leider etwas zu jung. Sonst hätten wir mitgesungen. Wirklich!
Selbstverständlich erledigten wir immernoch zu jeder vollen Stunde unsere 15 Pushups.
Bergauf überholten wir noch ne ganze Menge schlauer Ratgeber – ätsch :-P
Drei Kilometer vor dem Ziel wurden die Steigungsprozente nochmal deutlich gesteigert. 


Nach einem kurzen flacheren Stück folgte dann der Zielanstieg hinauf zum Gipfel.

Fast geschafft!
Die Zwerge haben es geschafft! Hey Zwerge hey Zwerge hey Zwerge ho! Hey Zwerge hey Zwerge go go go!!!
Von einigen Zuschauern und dem Moderator empfangen erreichten wir den Fichtelberg nach fast 13h Marsch um 17:50 Uhr. Zu viert wurden die finalen Liegestütze absolviert – diesmal 30 (insgesamt haben Felix und ich also so um die 200 Pushups an dem Tag gemacht).

Letzte Siegerpose
Glücklich und doch erleichtert holten wie nur fix die Zielunterlagen ab. Da es ziemlich kalt oben war starteten wir fix Richtung Chemnitz – Thommy hat uns abgeholt – danke dafür!

Im Auto sitzen tat unfassbar gut. Wir resümierten noch, dass wir den Marsch wohl alle etwas (naja, ganz schön sogar) unterschätzt hatten. Konditionell ist das kein Problem, allerdings ziehen die Blasen nen ganz schönen Strich durch die Rechnung und beim Wandern werden doch noch andere Muskeln beansprucht als beim Laufen oder Radeln. Alles in allem hat´s aber auch super Spaß gemacht – was vor allem unserer Wandergruppe zu verdanken ist :-)
Die Organisation des Marsches könnte auch nicht besser sein, da gibt es absolut nichts auszusetzen.

In Chemnitz angekommen hat Thomas dann Felix und mich an unseren Autos rausgelassen. Die wenigen Schritte konnten wir nur humpeln. Beim Fahren habe ich auch jede unnötige Bewegung vom Gas- zum Bremspedal und umgekehrt vermieden.
Geparkt habe ich dann direkt vor der Tür und mich noch irgendwie in die WG geschleppt – mit Laufen hatte das nichts mehr zu tun. Ich musste mich überall festhalten und entlang schleppen.

Der Hunger war riesig – die Familienpizza habe ich trotzdem nur zu ¾ geschafft. Dafür noch zwei große Schüsseln frische Erdbeeren mit Milch :-)

Meine Füße waren gefühlte 3 Schuhgrößen gewachsen oder besser geschwollen.

In diesem Zustand konnte ich auf keinen Fall beim Erzgebirgsradrennen starten, was für den nächsten Tag geplant war. Ich wollte mich Sonntag früh spontan entscheiden ob und wie ich mich bewegen kann.

Am nächsten Tag konnte ich mich zwar wieder einigermaßen fortbewegen, allerdings eher wie ein 100-jähriger. Also musste das Radrennen für mich ausfallen. Ich wäre wahrscheinlich sowieso nicht in meine Fahrradschuhe gekommen ;-)


Diese super Erfahrung war´s das aber wert. Ich schaue mir jetzt das Video noch das ein oder andere mal an und nun warten die nächsten Challenges!